Deutsche rechnen weiterhin mit niedrigen Zinsen
Ob und wie lange die Niedrigzinspolitik noch anhält, kann niemand verlässlich voraussagen. Dennoch ist die Mehrheit der Deutschen davon überzeugt, dass die Zinsen in den nächsten drei Jahren nicht nennenswert steigen werden. Auf die eigene Anlagestrategie wirkt sich diese pessimistische Erwartung hingegen nicht aus. Im Gegenteil: Viele bleiben den Klassikern Sparbuch und Tagesgeld treu.
Viele Sparer befinden sich in einem Dilemma. Soll das Ersparte auf dem bewährten Sparbuch oder Tagesgeldkonto bleiben, obwohl die Zinsen niedrig sind? Dieser und anderen Fragen in Sachen Anlageformen ging nun eine Umfrage der YouGov im Auftrag des Finanzdienstleisters Fidelity Worldwide Investments nach. Von den 1.066 Befragten glauben 52 Prozent, dass die Zinsen weiterhin niedrig bleiben und erst in drei Jahren wieder über das Inflationsniveau steigen werden. Als logische Konsequenz müssten beliebte Anlageklassen wie Tages- und Festgeld, Sparbuch und Bundesanleihen an Popularität verlieren. Doch die Deutschen lähmt die Unsicherheit. 50 Prozent legen derzeit gar kein Geld an. Zehn Prozent wollen keine Änderungen am Portfolio vornehmen, weil sie von einer positiven Zinssituation ausgehen. Immerhin 16 Prozent agieren nicht, weil sie nicht wissen, wie das Geld anders angelegt werden könnte. Acht Prozent schichten ihr Vermögen um und legen es in Aktien und Unternehmensanleihen an. Warum die Deutschen an den Anlageklassikern festhalten, kann eine andere, aktuelle Umfrage erklären. Hier hatte der Fondsverband BVI 11.268 Menschen in 12 EU-Ländern befragt. Demnach sind Transparenz und Sicherheit für die meisten Europäer am wichtigsten, in Deutschland legen 87 Prozent der Anleger großen Wert auf Sicherheit, wenn es um die Auswahl von Produkten geht.
Deutsche sind Finanz-Analphabeten
Ob und welche Änderungen nun nötig wären, könnte eine gute und kompetente Finanzberatung ermitteln, doch hier haben die Deutschen große Wissenslücken. Einer Studie der ING-DiBa zufolge – das Marktforschungsunternehmen Ipsos hatte 11.000 Erwachsene in 11 EU-Ländern befragt – bezeichnen sich 38 Millionen Deutsche als Finanz-Analphabeten. 53 Prozent der Europäer gaben zu, wenig bis gar keine Finanzbildung zu besitzen. Nur 18 Prozent der Deutschen haben in der Schule etwas über Finanzen gelernt, 78 Prozent wünschen sich das Schulfach „Finanzbildung“. Wenn es um die Finanzkompetenz geht, haben Frauen ganz klar die Nase vorn. In allen teilnehmenden Ländern waren sich die Befragten sicher, dass Frauen kompetenter sind, wenn es um Finanzfragen geht. Am geringsten waren die Geschlechterunterschiede in Deutschland ausgeprägt, in Südeuropa waren die Gender-Unterschiede hingegen deutlicher erkennbar. Dass hierzulande Nachholbedarf besteht, zeigen auch die anderen Ergebnisse der Studie. So nutzen nur 20 Prozent der Deutschen Social-Media-Banking, ein Drittel nutzt die Möglichkeit des Mobile Banking.